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Warum wir Angst haben und wie wir damit umgehen

Updated: Feb 2, 2022


„Ich habe Angst vor der Zukunft!“

„Wir leben in einer Kultur der Angst!“

„Ich würde das so gerne machen, wenn ich nicht solche Angst hätte!“


Kommen dir solche Sätze bekannt vor? Wenn Angst, Sorge oder Ungewissheit in deinem Leben eine große Rolle spielen, dann könnte sich das Weiterlesen für dich lohnen.


Doch bevor wir in den Umgang mit der Angst einsteigen, möchte ich dir einen kleinen Überblick verschaffen, was Angst ist und woher sie kommt. Quasi die psychologischen Hintergründe. Erst dann können wir auch verstehen, wie man mit der Angst umgehen kann. Wir schauen uns also an,

  • Was Angst eigentlich ist,

  • Wovor man Angst haben kann,

  • Warum Angst etwas Gutes ist,

  • Wie wir durch Angst manipuliert werden und

  • Wie man seine Angst auflösen kann.


Was ist Angst eigentlich?



Der Mensch verfügt über vier grundlegende Gefühle: Freude, Trauer, Wut und Angst (Ekel und Überraschung seien hier mal außenvor gelassen). In ihrer reinsten Form verspüren wir sie einfach nur, ohne jede Wertung. Gefühle sind die körperliche und seelische Empfindung, die ich tatsächlich wahrnehme. Ein geliebter Mensch stirbt, und ich fühle mich traurig.


Eine ganz andere Sache sind Emotionen. Sie sind ausgelebte Gefühle, also Gefühle, die ich mit dem Verstand verarbeite und aus denen möglicherweise eine Handlung resultiert.


Während also das Gefühl Freude universell gleich gefühlt wird, ist die Emotion Freudigkeit bei jedem Menschen unterschiedlich. Wir unterscheiden uns also in der Art, wie wir unsere Gefühle in Form von Emotionen ausdrücken. Der eine Mensch lacht vor Freude, der andere zeigt es eher in einem wohligen Seufzen.


Das Gefühl von Angst äußert sich vor allem in Situationen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Das können zum Beispiel folgende sein:


  • Angst vor der Zukunft

  • Angst vor der Unsicherheit

  • Angst vor einer Bedrohung unserer Gesundheit

  • Angst vor sozialer Ausgrenzung

  • Angst, uns in uns selbst zu täuschen


Natürlich hast du in deinem Leben schon häufig ein Gefühl der Angst erlebt: eine gewisse Enge im Magen, ein Kribbeln und Zittern, Hitze- oder Kältewallungen, Nervosität und Unruhe. All das sind Anzeichen von Angst.



Wovor kann man Angst haben?



Tatsächlich ist Angst ein evolutionäres Phänomen. Denn der Mensch hatte allen Grund zur Angst um sein Leben, wenn ihm an jeder Ecke ein Säbelzahntiger auflauern konnte. Unglücklicherweise haben wir heute sehr viel weniger Grund als jemals in der Geschichte, vor irgendetwas Angst zu haben. Und dennoch sind uns diese evolutionären und häufig irrationalen Angstmechanismen erhalten geblieben.


Ich habe mir ein Akronym überlegt, welches das Ganze gut beschreibt (Angst):


Absolut

Naive

Glaubenssätze

Scheinen

Tatsächlich wahr zu sein


Oder auf Englisch (fear):


False

Evidence

Appearing

Real


Im Grunde genommen ist Angst also nichts anderes als unsere feste Überzeugung davon, dass eine Sache wahr ist – nämlich die Sache, vor der wir Angst haben.

Beispiel gefällig?


Bevor ich eine Präsentation vor großem Publikum auf der Bühne gebe, bin ich mächtig angespannt. Mein ganzer Körper zittert, mir wird abwechselnd heiß und kalt. Mir ist eigentlich bewusst, dass mir in dieser Situation nichts Schlimmes passieren kann. Und dennoch habe ich Angst davor. Warum?


Ja, dieses warum lässt sich tatsächlich beantworten. Denn der Mensch hat im Grunde genommen drei Urängste:


1. Die Angst, nicht gut genug zu sein

2. Die Angst, nicht geliebt zu sein

3. Die Angst vor der Ungewissheit


Übertragen wir diese drei Urängste auf das Beispiel mit dem Lampenfieber:


Angst, nicht genug zu sein: Wenn ich auf die Bühne gehe, habe ich Angst, zu versagen. Ich habe Angst meinen Text zu vergessen oder den Faden zu verlieren.


Angst, nicht geliebt zu sein: Wenn ich auf die Bühne gehe, habe ich Angst, dass die Zuschauer über mich lachen, dass sie nach Fehlern in meinen Worten suchen. Sie könnten mich ausgrenzen, wenn ich es verbocke.


Angst vor der Ungewissheit: Wenn ich auf die Bühne gehe, weiß ich nicht, was mich erwartet. Wird alles glatt laufen? Wird meine Präsentation laufen? Wird es irgendetwas geben, das ich nicht beeinflussen kann?


Alles in allem haben wir also Angst vor den Einwirkungen der Außenwelt auf uns selbst, und was diese für uns bedeuten können.



Warum ist Angst etwas Gutes?



Bis jetzt klingt Angst vor allem so, als wäre sie etwas Schlechtes, etwas, das es zu vermeiden gilt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Unsere Angst kann ein überaus nützliches Werkzeug sein!


Abgesehen davon, dass ein Leben ohne verschiedene Arten von Gefühlen sinnlos und langweilig wäre, hält sie nämlich auch eine ganz wesentliche Botschaft für uns bereit:


Die Botschaft der Angst ist: Bereite dich auf den Umgang mit einer Situation vor.

Das klingt einfach. Ist es eigentlich auch. Im Grunde genommen sagt uns die Angst nur, dass wir uns für den Umgang mit einer möglicherweise eintretenden Situation nicht gut genug vorbereitet fühlen.


Ein Beispiel: Der einzige Grund, warum ich vor einer Krankheit Angst haben sollte, ist, dass sich mein Körper nicht so anfühlt, als könnte er mit dieser Krankheit ohne Probleme fertig werden.


Versteh mich jetzt nicht falsch, in diesem Beispiel hat natürlich auch ein vorbereiteter Körper mit einer Krankheit zu kämpfen. Doch je besser ich auf ein mögliches Ereignis vorbereitet bin, desto weniger Angst muss ich verspüren. Ein Gefühl von Selbstsicherheit reduziert demnach die Prüfungsangst, ein gewisser Vorrat an Konserven, Kerzen und Wasser die Angst vor einem längeren Stromausfall. Es gibt immer eine Möglichkeit, sich auf die Situation der Angst vorzubereiten.


Ein Beispiel aus meinem früheren Leben ist die Angst vor der Dunkelheit. In gewisser Weise ist es für mich die Urangst vor Ungewissheit. Der Ungewissheit, nicht zu wissen, was dort draußen lauert. Doch vor einigen Tagen erst ist mir bewusst geworden, dass ich gar nicht vor der Dunkelheit da draußen Angst habe, sondern vor der Dunkelheit IN MIR SELBST! Also dem Teil von mir, den ich nicht kenne. Seitdem habe ich begonnen, Freundschaft mit der Dunkelheit in mir zu schließen. Mich sozusagen darauf vorzubereiten, dieser Angst zu begegnen.


Warum ist Angst also ein nützliches Werkzeug? Weil sie uns zeigt, auf welche Dinge wir uns noch besser vorbereiten dürfen. Welche Lektionen wir im Leben lernen dürfen.



Die Gefahr der Manipulation durch Angst



Bevor ich dazu komme, wie man mit der Angst umgehen kann, möchte ich noch kurz auf etwas eingehen, was gerade ganz exzessiv in unserer Gesellschaft betrieben wird: Angstmacherei.


Angstmacherei ist seit tausenden von Jahren ein politisches Werkzeug der Menschenführung.


Denn durch nichts lässt sich ein Mensch besser lenken, als wenn ich ihm Angst mache und mich gleichzeitig als den Retter darstelle, der die Lösung für all seine Probleme bietet.

Der folgende Abschnitt soll keine Krankheit verharmlosen und keinen Menschen diffamieren, er richtet sich lediglich gegen die Art der Kommunikation, die ich kritisiere!


In der aktuellen Gesundheitspolitik wird sehr stark mit Angst, Anreiz und Bedrohung gearbeitet. Dies sieht dann beispielsweise folgendermaßen aus:


  1. Wenn du Krankheit XY bekommst, wird es dir sehr schlecht gehen und du wirst eventuell daran sterben! (Ansprechen der Angst vor Unsicherheit und körperlichem Schaden)

  2. Wenn du Regel XY nicht befolgst, erhöht sich die Chance, Krankheit XY zu bekommen! (Ansprechen der Moral des Menschen, um Gehorsam zu erhöhen)

  3. Wenn du dich gegen XY impfen lässt, schützt du dich und trägst die guten Dinge A, B, C, D und E zum Gemeinwohl bei! (Ansprechen des Bedürfnisses nach Schutz und Altruismus)

  4. Wenn du dich nicht gegen XY impfen lässt, verlierst du deine Rechte L, M und N! (Ansprechen der Angst, nicht geliebt und ausgeschlossen zu sein)


Das Resultat ist, dass in einem Menschen erst das (vermeintlich negative) Gefühl der Angst erzeugt wird. Anschließend ist dieser Mensch bereit, Dinge zu tun, die er ohne Angst nicht getan hätte. Und genau hier setzt die Manipulation ein, da nun „Lösungen“ angeboten werden können, die im Interesse des Anbieters liegen. Weiterhin wird Angst erzeugt, indem dem Menschen die negativen Konsequenzen aufgezeigt werden, die er erfahren wird, wenn er die Lösung nicht ergreift.


Noch einmal: Dies ist keine politische Stellungnahme, lediglich die psychologische Betrachtungsweise einer manipulativen Art der Kommunikation.


Mein Fazit an dieser Stelle: Wenn du Angst verspürst, mach dir bewusst:


Ist es eigentlich meine Angst? Oder wird mir diese Angst nur eingeredet?


Wie man seine Angst auflösen kann



Nun haben wir viel darüber gesprochen, woher Angst kommt, wie man sie erkennen kann, warum wir sie verspüren und wie sie gegen uns verwendet werden kann. Dieses Verständnis ist für die folgenden Punkte wichtig.


Ich erhebe an dieser Stelle keinen Anspruch darauf, dass mit den folgenden einfachen Methoden Ängste wirklich vollständig aus dem Weg geräumt werden, und möchte ernst zu nehmende Ängste oder Angststörungen an dieser Stelle ebenfalls nicht verharmlosen. Und dennoch können die kommenden psychologisch erprobten Schritte, die ich durch meine persönliche Erfahrung angereichert habe, in vielen Fällen Licht in die Dunkelheit bringen:


1. Stelle fest, ob es deine Angst ist.

Bist es du, der diese Angst fühlt? Oder ist es ein Versuch von außen, dir eine Angst aufzusetzen, die du gar nicht wirklich fühlst? So wird Manipulation umgangen.


2. Hinterfrage deine Glaubenssätze.

Besitzt du einschränkende Glaubenssätze wie „X bedeutet Y“, die zwar logisch erscheinen, aber möglicherweise nicht wahr sind?


3. Schlüpfe in die Beobachterrolle.

Wenn du rational als Außenstehender auf deine Situation blickst, was würdest du dann wahrnehmen?


4. Suche nach Alternativen.

Vielleicht führt das Dasein von X nicht automatisch zum Eintreten von Y? Hilft Z wirklich dabei, das Problem zu lösen? Welche anderen Lösungsmöglichkeiten gibt es?


5. Suche dir Er-Innerer.

Suche nach anderen Menschen, die ein ähnliches Problem hatten. Wie haben sie es gelöst? Lass sie dir dabei helfen, dich zu er-innern, was in deinem Innern wirklich ist.


6. Lass los.

Wehre dich nicht gegen das Gefühl der Angst, denn es dient dir. Sei nur auf der Hut vor der Angstemotion, wenn deine Angst durch Gedanken angereichert und hochstilisiert wird.


Noch eine wunderbare Sache zum Schluss, an der du erkennst, ob ein Mensch Angst hat – selbst, wenn er versucht, dies nach außen hin zu überspielen:


Menschen, die Angst haben zeigen dies oftmals, indem sie den Retter für andere spielen. Die Angst vor einer Krankheit drückt sich häufig in dem dringenden Bedürfnis aus, die Mitmenschen vor dieser Krankheit schützen zu wollen. Die Angst vor dem Scheitern drückt sich darin aus, anderen Menschen Ratschläge zu erteilen, wie sie nicht scheitern. Dies ist das Drama, welches die meisten Menschen spielen.


Es gibt aber eine reinere Form, die Energie aus der eigenen Angst zu nutzen: Zum Schöpfer zu werden. Während der Retter versucht, mehr für das „Glück“ anderer Menschen zu tun, als diese selbst zu tun bereit sind, erschafft der Schöpfer Lösungen. Er zwingt sie den Menschen nicht auf, sondern lässt die Menschen zu sich kommen, die bereit für seine Lösungen sind. Dies ist eine großartige Form, die eigene Angst zum Positiven zu nutzen, und ich werde in einem anderen Blogartikel näher darauf eingehen.



Ein Blick nach vorn



Zusammengefasst wissen wir nun: Angst ist ein Urgefühl, welches uns zeigt, dass wir uns noch auf die Sache, vor der wir Angst haben, vorbereiten müssen. Sie entsteht häufig durch äußere Einflüsse und falsche Annahmen darüber, was wahr und was falsch ist. Wir können sie durch unser Bewusstsein ihr gegenüber reduzieren. Indem wir uns selbst hinterfragen und die Lektion des Lebens annehmen. Dies war unser Blick zurück.


Wagen wir nun einen Blick nach vorn. Denn schließlich ist es vor allem die eine, vor der wir Angst haben: unsere geliebte Zukunft. Denn wir können nur Angst vor dem haben, was noch geschehen wird, nicht vor der Vergangenheit. Lass mich dir dazu einen letzten Gedanken mit auf den Weg geben:


Es mag die Ungewissheit sein, die uns Angst macht und in die Knie zwingt. Doch ist es nicht gerade die Ungewissheit, die uns weiterkämpfen lässt? Die Hoffnung, dass alles gut werden wird?

Ohne die Ungewissheit wäre das Leben hoffnungslos. Denn Glaube und Hoffnung, Vertrauen und Liebe können nur durch Ungewissheit entstehen. Wir dürfen den Mut haben, frohen Herzens in die Zukunft zu blicken.


Mut bedeutet nicht, ohne Angst zu sein. Mut bedeutet, dass ich erkenne: Ich kann nicht verlieren, was ich selbst bin. Ich bin alles. Also gibt es nichts, was ich verlieren könnte. Nichts, wovor ich wahrhaft Angst haben könnte.

Oder um es mit einem meiner liebsten Zitate zu sagen:


„Yesterday is history. Tomorrow is a mystery. Today is a gift – that’s why we call it present!”

Ich wünsche dir den Mut, deine Träume zu verfolgen und ein grandioses Leben zu leben, in dem du Hand in Hand mit deiner Angst voranschreiten kannst. Als Freunde, nicht als Feinde.


In einer hoffnungsvollen, angstfreien Umarmung


Dein Johannes



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